Wach bleiben - Erinnern für heute und morgen

Aktivitäten der Städt. Gesamtschule Nettetal
zur Erinnerung an die jüdischen Bürgerinnen und Bürger
und die jüdische Kultur in ihrer Stadt

Hedi Lion (*1932, ✡1943)

 

"Ich glaube, es war am 2. November 1943, ich habe immer noch die Bilder vor Augen: Ich komm` nach Hause, wir kommen von der Arbeit zurück, da war das Ghetto ausgeräumt von Kindern und alten Leuten, und ich habe meine Hedi nicht mehr gesehen ... Ich war verzweifelt!"

Die Erinnerungen an die schlimmsten Tage ihres Lebens im Ghetto in Riga konnte Else Lion (spätere Heymann) erst in hohem Alter einem Kaldenkirchener Bürger, Frank Kauwertz, anvertrauen, der ihre Lebensgeschichte in seinem Buch "Die drei Eisheiligen" veröffentlichte (1999). Hedis Mutter hat das Buch nicht mehr in Händen halten können, denn sie starb im Jahre 1996. Erst durch die Überschrift ihrer Lebensgeschichte hat ihre Familie erfahren, dass "die Hölle", die ihr erster Ehemann und ihr erstes Kind erlebt hatten, sie ein Leben lang belastet hat: "Ich denke jeden Tag an Max und Hedi."
Bis zu ihrem Tod hat Hedis Mutter das Foto ihrer kleinen Tochter mit der großen Schleife in einer Miniaturausgabe, nicht größer als eine Handvoll, in einem kleinen roten Rahmen in der Schublade ihrer Nachtkommode aufbewahrt!

Hedi wurde am 14. Mai 1932, "um 3 3/4 Uhr" im Kaldenkirchener Clemenshospital geboren. Sie besuchte den katholischen Kindergarten Brigittenheim und ging dann in die evangelische Volksschule. Im Alter von 6 bis 7 Jahren musste sie mit der Bahn bis nach Mönchengladbach in eine jüdische Schule fahren. Auf dem Weg von Zuhause zur Bahn wurde sie von den Kindern des damaligen Bürgermeisters verhauen.
Am hellichten Tag des 10. Dezembers 1941 wurde Hedi mit ihrer Mutter und anderen Jüdinnen und Juden von einem Ortspolizisten durch Kaldenkirchen wie "Tiere auf der Straße" zum Bahnhof abgeführt. Der Zug fuhr ins Ghetto nach Riga. Ihr Gepäck bekam sie hier nicht nicht mehr ausgehändigt. Vermutlich Ende des Jahre 1943 wurde sie ermordet.

 

Ein einzigartiger Brief mit ihrer Unterschrift ist von Hedi erhalten geblieben. Hedis Mutter hat diesen Brief jedoch nie gesehen. Frank Kauwertz aus Kaldenkirchen hat bei seinen Recherchen nach dem Tod von Hedis Mutter diesen Brief bei Hinterbliebenen in den USA ausfindig machen können.

Für Hedi befindet sich eine Gedenktafel auf dem Grab ihrer Mutter, Else Heymann (verwitwete Lion). Diese war die einzige Frau, die den Niederrhein-Transport ins Konzentrationslager nach Riga überlebt hat. Ihr Grab befindet sich auf dem jüdischen Friedhof in Wiesbaden. Am 14. Oktober 2012, nach dem jüdischen Kalender berechnet am Todestag von Hedis Mutter, hat Nina N. Breuer zur Erinnerung an Hedi ein Steinherz vor ihre Gedenktafel gestellt mit dem Spruch: "Das Leben endet, die Liebe nicht."

 

Dies ist das Gedenkblatt, das ihr späterer Halbbruder, Leo Heymann, für Hedi Lion handschriftlich in der Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem/Israel im Mai 2000 ausgefüllt hat. Yad Vashem ist die bedeutenste Gedenkstätte für "Holocaust und Heldentum". Dort gibt es unter anderem das "Denkmal für die Kinder", das den 1,5 Millionen, von den Nationalsozialisten ermordeten jüdischen Kindern gewidmet ist. Yad Vashem (hebräsisch) bedeutet "Denkmal und Namen", nach Jesaja 56,5: "Einen ewigen Namen gebe ich ihnen, der niemals getilgt wird".


Auf Initiative einer Arbeitsgruppe eines Geschichtskurses der Gesamtschule Nettetal wurden am 6. Februar 2012 für Hedi und ihre Eltern in Kaldenkirchen in der Fährstraße "Stolpersteine" verlegt. Die Schülerin Ann-Christin Steindl legte dabei eine Rose auf die Erinnerungssteine; ihre Gedanken: "Wie grausam damals alles war ... Ich hätte dir, Hedi, lieber die Rose als alte Dame in die Hand gedrückt, statt sie hier auf den Boden niederzulegen."
Der Arbeitskreis der Gesamtschule hat im Juli 2012 einen Antrag an den Bürgerverein in Kaldenkirchen gestellt, bei Bedarf neuer Straßennamen eine Straße nach Hedi Lion zu benennen.

(Fotos: privat von L.Heymann, F. Kauwertz und J. Breuer)

Hedi-Lion-Straße?

Am 29.6.2012 stellt der Geschichtskurs Jahrgang 12 einen Antrag an den Bürgerverein Kaldenkirchen, zu Händen des Vorsitzenden Heinz-Willi Schmitz, eine Straße nach Hedi Lion zu benennen.

Auszug aus dem Antrag:

"Im Kreis Viersen gebt es Anne-Frank-Straßen, auch eine Schule ist in Viersen nach diesem jüdischen Kind benannt. Aber was spricht dagegen, die Kinder aus der Heimat stärker ins Blickfeld zu rücken?"

Antrag als PDF-Datei

Darüber ist am 2. August 2012 in den Grenzland Nachrichten unter der Schlagzeile "Eine Hedi-Lion-Straße für Kaldenkirchen" zu lesen.

Zeitungsbericht als PDF-Datei

Zwei Wochen später, am 16. August 2012, äußern sich Ulla und Hans Hoeke in einem Leserbrief in den Grenzland Nachrichten unter der Schlagzeile "Hoekes übernehmen Kosten für den nächsten Stolperstein".

Auszug:

"Die Aktion von Schülerinnen und Schülern und ihrer Lehrerin der Gesamtschule Nettetal ... ist sehr zu begrüßen ... Die positive Begleitung des Antrags zur Namensgebung wird hoffentlich zum Erfolg führen ..."

Leserbrief als PDF-Datei


Book of names aus Yad Vashem

Den Namen "Hedwig Lion" finden unsere Schülerinnen und Schüler während ihrer Auschwitz-Studienfahrt im Februar 2014 in der Sonderausstellung "The Book of Names" aus Yad Vashem, die sich in Auschwitz I (Stammlager) befand. Yad Vashem gilt als die bedeutendste Gedenkstätte, die an die nationalsozialistische Judenvernichtung erinnert und wissenschaftlich dokumentiert.

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